19. Workshop 18./19. November 2022 - Beilngries

Teil 1: Freitag, 18. November 2022

Nach der Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden von Zukunft Prophylaxe e.V. Dr. Friedrich W. Grelle startete der Workshop mit dem Vortrag „Frühzeitige Erkennung und kieferorthopädische Behandlungsindikation von Zahnfehlstellungen“ von Frau Prof. Dr. Andrea Wichelhaus. Anhand von drei Patientenbeispielen illustrierte die Referentin sehr eindrucksvoll, welche blickdiagnostischen Befunde imponierten und welche Lösungen – sofern rechtzeitig therapiert – sich für die jeweiligen Fallbeispiele anboten. Konkret wurde die skelettale Bissanomalie erläutert, die mit funktionskieferorthopädischer Behandlung in etwa 70 bis 80% der Fälle konservativ gelöst werden kann, wenn die Therapie mit 6-7 Jahren begonnen wird. Im zweiten Fall wurde ein Patient mit Kreuzbiss behandelt, der – im Gegensatz zu dem normalerweise lückigen Milchgebiss - ein lückenfreies Milchgebiss aufwies. Mit einer kieferorthopädischen Gaumennahterweiterung ließ sich dieser Fall lösen. Der dritte Fall, ein sekundärer Engstand, zeigte sich klinisch durch eine unterminierende Resorption der Milch-5er durch den durchbrechenden ersten Molaren. Hierbei ist zu beachten, dass ein reiner Platzhalter nicht ausreichend ist, da ja schon ein Engstand vorhanden ist und dieser mittels eines NITI-Bogens vor Durchbruch der zweiten Molaren korrigiert sein sollte.

Anschließend wurden eine Software vorgestellt, mit der Mitarbeitende in der Parodontaltherapie eine deutliche Erleichterung ihrer Arbeit erfahren sollen. Im Vortrag „Mit ParoStatus parodontale Befunddokumentation und Verlaufsanalyse digital umsetzen“ zeigte Frau Heike Wilken technische Hilfestellungen, wie etwa die Spracheingabe bei Befunderhebung auf. Sie gab konsistente, leicht auffindbare Empfehlungen, die gerade bei Mehrbehandlerpraxen ein Problem darstellen können. Insgesamt wirkte dieses System ausgereift und durchdacht mit dem Potential, die Befunderfassung ohne zweiten Mitarbeiter durchzuführen, was in Zeiten knappen Personals zumindest eine Überlegung wert ist.

Danach erfolgte für die Mitglieder des Vereins Zukunft Prophylaxe die jährliche Mitgliederversammlung. In dieser wurden nach Begrüßung durch den Präsidenten Dr. Grelle zunächst der Vortrag des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung samt Genehmigung, die Berichte des Vorstandes, des Kassenwartes und abschließend der Kassenprüfer vorgestellt. Es erfolgte die Entlastung des Vorstandes. In diesem Jahr wurde der Vorstand neu gewählt. Hierbei ergaben sich keine personellen Änderungen. Unter dem letzten Punkt „Anträge und Sonstiges“ wurden auch Möglichkeiten der Mitgliederrekrutierung besprochen, um eine Verjüngung der Altersstruktur, die explizit gewünscht und willkommen ist, zu erreichen.

Zeitgleich wurde für die Nichtmitglieder von Frau Katrin Bergner, Fa. Kreussler, eine Fortbildung mit dem Titel “Professioneller Einsatz von Dynexan Mundgel“ einschließlich einer Zertifizierung angeboten. Dieses Angebot wurde zahlreich angenommen.

Der Abend des ersten Workshoptages klang mit einem gemeinsamen Abendessen mit vielen interessanten Gesprächen aus. Die standhaften Teilnehmer genehmigten sich im Anschluss in der hoteleigenen Bar ein edles Tröpfchen.

Teil 2: Samstag, 19. November 2022

Der zweite Tag des Workshops startete traditionell mit dem Lauftreff, bei dem sich der übliche „harte Kern“ wie auch schon in den vergangenen Jahren ein paar zusätzliche Mitläufer wünschen würde.

Nach dem gemeinsamen Frühstück eröffnete Frau Dr. Nina Zeitler den Vortragsreigen mit dem Titel „MIH, Umgang mit der neuen Volkskrankheit aus der Sicht des Praktikers“. In der aktuellen Studienlage ist die MIH stark auf dem Vormarsch. Es ist zu befürchten, dass dieses Krankheitsbild häufiger als die gefürchtete Karies ist (30% gegenüber 19%). Hierbei handelt es sich keinesfalls um ein „neues“ Problem. Seit 1991 existiert eine Klassifikation nach Wetzel und Reckel. Hierbei wurden mit geringem Erfolg diverse Risikofaktoren diskutiert, etwa das Stillen, BPA oder gar der in der Pränataldiagnostik eingesetzte Ultraschall. Als sehr hilfreich für den Praktiker erweist sich das Würzburger Konzept, welches grob das Ausmaß der MIH mit oder ohne eine Hypersensibilität unterscheidet. Es wurde ein praktikabler Ansatz zur Behandlung und zur Nachsorge dieses Krankheitsbildes vorgestellt. Breiten Raum nahm die „Engere Prophylaxe“ mit konkreten Handlungsempfehlungen und Dosierungsempfehlungen ein. Auch ist die Auswahl des „richtigen“ Fluorids wichtig (Natriumfluorid). Neuere Präparate, wie der CPP-ACP Komplex erwiesen sich bei MIH- Patienten als hilfreich, da die Hypersensibilität gesenkt wurde. Anschließend wurden die Therapieoptionen bei einem MIH-Zahn besprochen, etwa eine klassische Versiegelung mittels eines Adhäsivs der 5. Generation +. Im Durchbruch hat sich bei Frau Dr. Zeitler Fissurit bewährt. Große Defekte werden mit konfektionierten Metall- oder Kunststoffkronen versorgt, nicht restaurierbare Zähne entfernt. Bemerkenswert war das „Spritzgussverfahren“, in welchem präoperativ ein Scan durchgeführt wurde, auf dessen Basis eine angepasste Zahnform mittels Tiefziehfolie vorbereitet wurde, was zu einer signifikanten Reduktion der Behandlungszeit führte. Extraktionen sollten stets kieferorthopädisch begleitet werden. Schmerzen bei diesen Patienten sollten sehr ernst genommen werden, damit einer Chronifizierung von Schmerzen kein Vorschub geleistet wird.

Anschließend referierte Herr Prof. Dr. Thorsten M. Auschill über ein „Praxisfähiges parodontales Behandlungskonzept - Was mache ich wann und wie innerhalb der aktuellen Leit- und Richtlinien?“. Zunächst wies der Referent auf eine Stufentherapie abhängig vom Schweregrad der Parodontitis sowie abhängig vom Behandlungserfolg einzelner Maßnahmen hin. Daraufhin wurde die aktuelle S3 Leitlinie in diesem Kontext besprochen. Der Referent zeigte eine sinnvolle Aufteilung einer „Prophylaxestunde“ auf. Den Vortrag beschloss der Referent mit gut nutzbaren Tipps für den klinischen Alltag.

Die wirtschaftlichen Aspekte der neuen PA-Richtlinie beleuchtete Frau Nadine Schulze mit dem Vortrag „PA-Abrechnung – wann und wie innerhalb der aktuellen Richtlinien?“. Hierbei zeigte die Referentin, welche Möglichkeiten bestehen, professionelle Zahnreinigungen mit

dem Patienten zu vereinbaren. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung besteht hingegen nicht. Im Zuge der Abrechnungspositionen wurde auch auf die notwendigen Faktorensteigerungen eingegangen. Es wurden die möglichen Abrechnungspositionen besprochen, kombiniert mit den Mindestzeitabständen, in welchen diese Positionen berechnet werden können. Eine Aufstellung der privaten Zusatzleistungen bei GKV-Patienten gab dem einen oder anderen Praktiker wertvolle Tipps. Der unvermeidlichen Dokumentation der Behandlung wurde breiten Raum eingeräumt. Der Schluss des Vortrags bestand aus einem Q&A.

Ein gemeinsamer Mittagsimbiss rundete den gelungenen Workshop ab. Die Teilnehmer wurden bei dieser Gelegenheit zum kommenden Workshop am 17. Und 18. November 2023 herzlich eingeladen.

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